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Rechtsanwalt und Notar • Fachanwalt für Steuerrecht
Dr. iur. Klaur-R. Wagner, Wiesbaden


Steuerberater

Dubiose Empfehlungen

(Focus Money Nr. 35/2000, Seite 132/133)

Viele Steuerberater vermitteln ihren Mandanten Immobilienfonds und kassieren dafür Provisionen. Geht das Investment schief, haben Anleger gute Chancen auf Schadenersatz.

Der Renner unter den Werbegeschenken sind zurzeit die kleinen klappbaren Alu-Roller, mit denen Schüler, Hausfrauen und Manager seit Monaten die Innenstädte unsicher machen. Aber auch Telefone, Fahrräder oder Kochtöpfe kann sich aussuchen, wer Neukunden für Fitness-Studios, Versicherungen, Buchclubs und andere Mitgliedschaften wirbt.

Prämien ganz anderer Art sichern sich immer häufiger Deutschlands Steuerberater. Sie vermitteln keine Mitgliedschaften, sondern schwatzen ihren Mandanten reihenweise Steuersparmodelle auf - und kassieren dafür eine stattliche Provision vom Initiator.

Der Mandant zahlt in solchen Fällen für den Spartipp des Beraters gleich doppelt, oft sogar, ohne es zu wissen: Einmal das übliche Beratungshonorar und zum anderen die Provision, denn die legt der Initiator des Beteiligungsmodells regelmäßig auf den Steuersparer um. "Es ist absolut üblich, dass Steuerberater für die Vermittlung von Kapitalanlagen Provisionen erhalten", bestätigt der Heidelberger Rechtsanwalt Matthias Nittel. Er bereitet zurzeit die Klage eines Ehepaars gegen dessen Steuerberater vor. Für das Paar aus der Gegend von Reutlingen war der Rat eines Beraters alles andere als lukrativ. Der lobte in höchsten Tönen zwei Objekte in Magdeburg, die Pfeifferschen Stiftungen und den Hansa-Park, Eigentumswohnungen, aufgelegt von Terrarent aus Fürth. Mit einer Beteiligung an diesen Objekten könnten seine Mandanten ihre Steuerlast optimal senken, pries der Steuerfachmann. Gleichzeitig verschwieg er, was die Mandanten im Nachhinein empört: Die Terrarent zahlte Honorar an einen so genannten Mittelverwendungstreuhänder - und das war just der Steuerberater des Paars. Er kassierte also doppeltes Gehalt für die Steuerempfehlung: einmal vom Initiator und zusätzlich von seinen Mandanten.

Das Investment ging schief, die prognostizierten Mieteinnahmen der für 800 000 Mark erworbenen Eigentumswohnungen blieben aus. "Zudem sind die Wohnungen gerade mal die Hälfte von dem wert, was meine Mandanten einst gezahlt haben", klagt Anwalt Nittel. Wegen schwerer Beratungsfehler soll der Steuerberater den Schaden jetzt ersetzen.

Erfreulich für die Betroffenen: Sie haben damit einen solventen Schuldner. "In aller Regel springt in solchen Fällen die Haftpflichtversicherung des Steuerberaters ein", erklärt Georg Feiter, stellvertretender Geschäftsführer der Steuerberatungskammer Düsseldorf, - und zwar mindestens bis zu einem Schaden von 500 000 Mark. Nicht selten sind die Berate sogar in Millionenhöhe für Schadenersatzansprüche abgesichert. "Dass Vertriebsgesellschaften, Makler und Versicherungsbüros Steuerberatern Vermittlungsprovisionen anbieten, ist sicher keine Seltenheit", räumt Kammerfunktionär Feiter ein. Und das, obwohl das Standesrecht der Zunft die Annahme solcher Gelder steng verbietet. Deshalb greifen findige Berater gerne auf ihre Ehepartner zurück (siehe Grafik unten). "Doch auch das", sagt Feiter, "wird sanktioniert" - wenn es denn rauskommt. Dann jedoch müssen ertappte Steuerberater mit einem Verfahren vor dem Berufsgericht und einer empfindlichen Geldbuße rechnen. So auch ein Steuerberater aus Süddeutschland. Er zimmerte Anfang der 90er-Jahre für vier Ärzte aus seiner Mandantschaft ein individuelles Steuersparmodell: Sie durften sich an einer kleinen Gesellschaft des Beraters beteiligen, die mit Immobilienobjekten im Osten steuerliche Verluste einbringen sollte. Der Steuerberater war gleichzeitig Treuhänder und Initiator für die Objekte. Wieder flossen die Mieteinnahmen nicht wie erwartet - die Ärzte mussten Geld nachschießen. Weil ihnen das wegen gesunkener Einnahmen nach der Gesundheitsreform nicht passte, wandten sie sich anden Wiesbadener Rechtsanwalt Klaus Wagner.

Stolze 1,8 Millionen Mark Schadenersatz will Wagner jetzt in einem Musterprozess gegen den Steuerberater einklagen. Der wehrt sich zwar und sagt, er habe das alles nicht voraussehen können. Doch Wagner hält dagegen: Der Steuerberater hätte vorab eine Risikoprognose erstellen und damit rechnen müssen, dass die Einnahmen der Ärzte nicht unverändert bleiben. Mandanten mit ähnlichen Erfahrungen sollten die FOKUS-MONEY-Checkliste zu Rate ziehen (siehe rechts): Trifft einer der Punkte zu, stehen die Chancen gut, den Schaden vom Berater oder dessen Haftpflichtversicherung ersetzt zu bekommen. Zudem sollten "Mandanten immer auch die Steuerberaterkammer informieren", sagt Feiter, "damit unser Berufsstand sauber bleibt." Barbara Moormann

 

Beliebte Methoden - wie Steuerberater doppelt abkassieren:

  1. Marke Eigenproduktion: Der Steuerberater kreiert selbst für den Mandanten eine Verlustzuweisungsgesellschaft. Er kassiert zum einen Beraterhonorar und zum anderen Gehalt als Initiator.
  2. Im Einsatz als "Strucki": Eine Fondsgesellschaft setzt den Steuerberater als Vertriebsmann ein. Wieder kassiert der Berater beim Mandanten zweimal ab: zum einen das Beratungshonorar, zum anderen Vermittlungsprovision.
  3. Vorgeschobener Ehepartner: Gern schalten Berater auch ihre Ehepartner ein. Sie übernehmen offiziell den Vertrieb und streichen die Provision der Initiatoren ein. Der Berater widmet sich so ausschließlich der Steueroptimierung (siehe Skizze) und kassiert das Beratungshonorar. Auch bei dieser Variante ist ein Interessenkollision programmiert. Der Berater ist nicht objektiv. Daher bleibt trotz Einschaltens des Partners die Vorgehensweise des Steuerberaters rechtswidrig.

Checkliste gegen Berater-Abzocke

Schon im Vorfeld kann der Mandant erkennen, ob sein Berater rechtmäßis handelt. Gleichzeitig sollte er Beweise sammeln. FOKUS-MONEY erstellte eine Checkliste für Betroffene:

 

Berater verhalten sich rechtswidrig, wenn sie...

  • Innenprovisionen kassieren, ohne das dem Mandanten mitzuteilen.
  • dem Mandanten ein Objekt empfehlen, obwohl sie wissen, dass es auf seine finanzielle Situation nicht passt.
  • dem Mandanten das Modell falsch berechnen; insbesondere beim Agio passieren Fehler.
  • vor Vetragsschluss keine nachvollziehbare Berechnung der Rendite vorlegen.
  • ein Objekt empfehlen, bei dem Mietausfall schon absehbar ist.
  • den Mandanten bei fortlaufender Beratung nicht im Fall absehbarer Verluste warnen.
  • gleichzeitig den Fond und dessen Kunde beraten, ohne Letzteren über entsprechende Interessenkonflikte aufzuklären.

Wann Anleger aufhorchen sollten:

  • Vorsicht ist geboten, wenn der Steuerberater ohne Nachfrage ein Modell empfiehlt.
  • Warten im Beraterbüro Mitarbeiter eines Fondsvertriebs, lautet die Devise ebenfalls: Hände weg!
  • Wer vom Berater zum Kauf eines Anteils überredet wurde, sollte für die spätere Beweisführung alle Unterlagen aufbewahren, vor allem die Berechnungen des Beraters. Auch die Gespräche sollte er protokollieren.
  • Erwägt der Betroffene eine Klage gegen den Berater, sollte er unbedingt die Verjährungsfrist prüfen. Grundsätzlich verjähren Ansprüche gegen Steuerberater nach drei Jahren. Doch kann sich die Frist um drei Jahre verlängern. Legt der Steuerberater Berechnungen vor, wird ein eigener Vertrag geschlossen, aus dem er 30 Jahre haftet