Fachbeiträge

Rechtsanwalt und Notar • Fachanwalt für Steuerrecht
Dr. iur. Klaur-R. Wagner, Wiesbaden


Nochmals zu BGH 28.09.2000

IX ZR 279/99, DNotZ 2001, 49

Zum Urteil des BGH vom 28.09.20001) betreffend einen Treuhänder beim Bauträgermodell gilt es, einige Eckpunkte festzuhalten, die in der bisherigen literarischen Diskussion nicht beachtet wurden, übrigens vom IX. Senat des BGH leider auch nicht:

1. Man muß unterscheiden zwischen einem Treuhänder und einem Baubetreuer 2) und zwar funktional aber auch im Hinblick darauf, daß in vielen Bauherrenmodellen sowohl ein Baubetreuer wie auch ein Treuhänder eingeschaltet waren.3) Während letzterer mit einer zu errichtenden Immobilie zu tun hat, hat ersterer mit der Realisierung einer Immobilien-Kapitalanlage zu tun. Der Treuhänder ist folglich statt mit einem Baubetreuer eher mit einem Projektsteuerer zu vergleichen, weshalb ich ihn einmal als Projektsteuerer der Immobilien-Kapitalanlage bezeichnet habe.4) Die Aufgaben des Treuhänders und die des Baubetreuers unterscheiden sich folglich erheblich.

2. Der Treuhänder ist ferner mehr Interessenvertreter,5) der Baubetreuer dagegen mehr Dienstleister.6) Und in Anbetracht der Interessenvertreterstellung eines Treuhänders hat dieser in der Regel schon im Vorfeld seiner Mandantierung einen erheblichen Pflichtenumfang zu erfüllen.7) Und im weiteren Verlauf, also nach Mandatserteilung, hat er sich wie ein Controller um die prospektgemäße Realisierung der Immobilien-Kapitalanlage zu kümmern.8) Dazu gehörte bei steuerorientierten Immobilien-Kapitalanlagen auch die Überwachung der Einhaltung steuerlicher9) und wirtschaftlicher Prospektaussagen.10)

3. Ist folglich bei steuerorientierten Immobilien-Kapitalanlagen das Ziel der Interessenvertretung des Treuhänders die Sicherung der prospektgemäßen Realisierung einer steuerorientierten Kapitalanlage, dann wird verständlich, warum überwiegend Treuhandschaften durch Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ausgeführt wurden. In meiner Buchveröffentlichung11) habe ist sehr detailliert dargelegt, was alles zum Aufgaben- und Pflichtenumfang einer solchen Treuhandschaft gehörte, um diese Ziele zu erreichen.12)
In all diesen Jahren hatte die Rechtsprechung an Treuhandschaften durch Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nichts auszusetzen. Im Gegenteil wurde von der Rechtsprechung der Pflichtenkatalog immer mehr angehoben.13) Es wurde nicht beanstandet, daß eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Vertrage entwarf und sie später abschloss etc.14)

4. Und in Anbetracht dieser Zielsetzungen übten Steuerberatungsgesellschaften und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei Ausübung von Treuhandschaften in Bauherren- und Bauträgermodellen nach ihrem jeweils eigenen Berufsrecht zwar keine berufstypische wohl aber eine berufszulässige Tätigkeit aus. Und deshalb ist auf diese § 5 Nr. 2 RBerG anwendbar.

5. Die Entscheidung des IX. Senates BGH vom 28.09.2000 hatte es dagegen mit einer gewerblichen GmbH zu tun, so daß sich dort schon deshalb § 5 Nr. 2 RBerG nicht stellen konnte. Der in dieser Entscheidung mitgeteilte Sachverhalt scheint ferner darauf hinzudeuten, daß besagte gewerbliche GmbH zwar Geschäftsbesorger bezüglich der Realisierung einer zu errichtenden Immobilie war, nicht jedoch Interessenvertreter zur Realisierung einer steuerorientierten Immobilien-Kapitalanlage. Es ist daher nicht angebracht, an dieser Entscheidung alle in Bauherren- und Bauträgermodellen vorhanden gewesenen Treuhandschaften durch Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Vergangenheit messen zu wollen und die zitierten Entscheidungen der III., VII. und des VIII. Senate des BGH zu übersehen, die diesbezüglich von wirksamen Treuhandverträgen ausgingen.


  1. Zur Aufklärungspflicht, wenn Treuhänder und Baubetreuer verflochten sind siehe BGH 16.01.1991 - VIII ZR 14/90, WM 1991, 695. Zur Trennung von Baubetreuer und Treuhänder siehe ferner BGH 30.06.1994 - VII ZR 116/93, BGHZ 126, 326
  2. Zur Aufklärungspflicht, wenn Treuhänder und Baubetreuer verflochten sind siehe BGH 16.01.1991 - VIII ZR 14/90, WM 1991, 695. Zur Trennung von Baubetreuer und Treuhänder siehe ferner BGH 30.06.1994 - VII ZR 116/93, BGHZ 126, 326
  3. Zur Aufklärungspflicht, wenn Treuhänder und Baubetreuer verflochten sind siehe BGH 16.01.1991 - VIII ZR 14/90, WM 1991, 695. Zur Trennung von Baubetreuer und Treuhänder siehe ferner BGH 30.06.1994 - VII ZR 116/93, BGHZ 126, 326
  4. Wagner BauR 1991, 665, 666 = Wagner in: Wagner/Loritz, Konzeptionshandbuch der steuerorientierten Kapitalanlage, Bd. 1, 2. Aufl. 1997, Rdn. 275
  5. BGH 24.03.1988 - VII ZR 232/86, BauR 1988, 502
  6. BGH 25.10.1990 - VII ZR 230/88, WM 1991, 10
  7. Im einzelnen dazu Wagner in: Wagner/Loritz, Konzeptionshandbuch der steuerorientierten Kapitalanlage, Bd. 1, 2. Aufl. 1997, Rdn. Rdn. 865 - 915; ferner Wagner BFuP 2000, 594, 599 f.
  8. Wagner in: Wagner/Loritz, Konzeptionshandbuch der steuerorientierten Kapitalanlage, Bd. 1, 2. Aufl. 1997, Rdn. 967 ff.
  9. BGH 06.02.1991 - VIII ZR 26/90, WM 1991, 765
    BGH 23.04.1991 - 1 StR 734/90, wistra 1991, 265
  10. BGH 15.05.1991 - VIII ZR 123/90 , WM 1991, 1266: "Nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag, durch den die Treuhänderstellung der Beklagten begründet worden ist, hatte diese bei der Abwicklung des Bauherrenprojekts die Interessen des Klägers auf wirtschaftlichem Gebiet umfassend wahrzunehmen."
  11. Wagner in: Wagner/Loritz, Konzeptionshandbuch der steuerorientierten Kapitalanlage, Bd. 1, 2. Aufl. 1997.
  12. So auch Goldbeck/Uhde, Das Bauherrenmodell in Recht und Praxis, 1984, Rdn. 312 ff. m.w.N.
  13. BGH 27.10.1983 - VII ZR 12/82 NJW 1984, 863; BGH 20.03.1985 - IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477; BGH 16.01.1986 - VII ZR 61/85, BGHZ 97, 21; BGH 10.04.1986 - III ZR 121/84, NJW-RR 1986, 1433; BGH 19.06.1986 - VII ZR 25/85, BauR 1986, 590; BGH 09.10.1986 - III ZR 127/85, BauR 1987, 108; BGH 17.09.1987 - III ZR 152/86, BGHR BGB § 242 Aufklärungspflicht 3; BGH 19.11.1987 - VII ZR 39/87, BGHZ 102, 220; BGH 25.02.1988 - VII ZR 152/87, LM Nr 140 zu BGB § 675; BGH 25.02.1988 - VII ZR 152/87, BauR 1988, 347; BGH 20.10.1988 - VII ZR 219/87, BGHZ 105, 283; BGH 05.07.1990 - VII ZR 26/89, NJW 1990, 2464; BGH 17.01.1991 - VII ZR 143/89, BauR 1991, 356; BGH 15.05.1991 - VIII ZR 123/90 , WM 1991, 1266:
  14. BGH 20.03.1985 - IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477; BGH 09.10.1986 - III ZR 127/85, BauR 1987, 108